Auslobung des Hans und Lea Grundig-Preises 2025
Ein Diasporist lebt und malt in zwei oder mehr Gesellschaften zugleich. Diasporistische Kunst ist von Grund auf widersprüchlich, sie ist internationalistisch und partikularistisch zugleich. Sie kann zusammenhanglos sein – eine ziemliche Blasphemie gegen die Logik der vorherrschenden Kunstlehre –, weil das Leben in der Diaspora oft zusammenhanglos und voller Spannungen ist; ketzerischer Einspruch ist ihr tägliches Lebenselixier.
(R. B. Kitaj: Erstes Manifest des Diasporismus, Zürich 1988)
Unter der Schirmherrschaft der Rosa-Luxemburg-Stiftung wird in Erinnerung an Hans Grundig (1901–1958) und Lea Grundig (1906–1977) der gleichnamige Preis für künstlerische, kunsthistorische und kunstvermittelnde Leistungen vergeben. Schirmherrin und Jury sind sich dabei der komplexen und widersprüchlichen Werk- und Lebensgeschichten der Namensgeber*innen bewusst.1
Die Gesamtdotierung beträgt 10.000 € und kann auf die drei folgenden Kategorien aufgeteilt werden. Mit dem Preisgeld sollen realisierte Arbeiten prämiiert werden.
Bei den künstlerischen Arbeiten sind aktuelle Werke eingeladen, die sich in einem Kontext bildender und mit R. B. Kitaj «diasporistisch» zu nennender Kunst präsentieren (u. a. Malerei, Grafik, Zeichnung, Fotografie, Plastik, Installation, Video-, Klang- und Performancekunst, gerne auch gattungsübergreifend). Widerspruch, Widerstand, Migration, (Zu-) Flucht und Exil – immer mehr Menschen leben in mehreren Gesellschaften zugleich und wagen Kunst, die in ihrer Radikalität politisch ist. Die Arbeiten können sich diesen Themen historisch, gegenwartsbezogen und/oder visionär widmen.
Die Ausschreibung stellt bei den kunsthistorischen Arbeiten die Erschließung und Erforschung des Werks von verfolgten und ins Exil gezwungenen Künstler*innen unter dem Aspekt des Ortes bzw. der Ortlosigkeit in den Mittelpunkt. Besonders willkommen sind Beiträge zu den Themen «Proletarisch-revolutionäre Kunst», zum «Verismus in der Kunst des 20. Jahrhunderts», zu den Arbeits- und Lebensbiografien von Hans und Lea Grundig selbst sowie zur «‹Exil›-Kunst in Palästina/Israel» bzw. «Jüdische Künstler*innen im geteilten Nachkriegsdeutschland».
Die im Bereich Kunstvermittlung einzureichenden Projekte sollen sich der aktuellen musealen und non-musealen Vermittlung gesellschaftskritischer Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts widmen. Besonders willkommen sind Beiträge, die ihren Schwerpunkt auf einen innovativen Vermittlungsansatz legen.
Bewerbungen sind ausschließlich in digitaler Form in einer pdf bis zum 31. März 2025 in Deutsch oder Englisch einzureichen per E-Mail an info@hans-und-lea-grundig.de. Die Bewerbung darf höchstens 15 DIN-A4-Seiten umfassen (Dateigröße: max. 8 MB). Davon sollte eine Seite einen Lebenslauf (max. 2.000 Textzeichen, Schriftgröße 12) und eine weitere Seite ein Motivationsschreiben (max. 1.500 Textzeichen, Schriftgröße 12) beinhalten. Bitte geben Sie an, ob und wo Ihre Arbeit ggf. bereits öffentlich präsentiert worden ist. Medienbasierte Projekte können über einen Link eingereicht werden unter Angabe von höchstens 3 Referenzstellen mit einer maximalen Länge von insgesamt 8 Minuten.
Die Jury entscheidet auf ihrer Sitzung im zweiten Quartal 2025 über die Preisträger*innen. Die Preise werden im vierten Quartal 2025 öffentlich bei einer Zeremonie vergeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Die Jury gestaltet ihre Arbeit unter kritischer Bezugnahme auf die komplexen und ambivalent geprägten Lebenswege von Hans und Lea Grundig. Ihr gehören an: Dr. Avi Feldman (Kurator, Berlin), Jens Heitjohann (Künstlerischer Leiter „Theater im Depot“, Dortmund), Dr. Klaus Lederer (Bürgermeister und Senator für Kultur und Europa a. D. von Berlin, Ko-Vorsitzender), Henrike Naumann (Künstlerin, London und Berlin), Haleh Redjaian (Künstlerin, Berlin), Dr. Dorothea Schöne (Künstlerische Leiterin Kunsthaus Dahlem, Preisträgerin 2021, Ko-Vorsitzende), Prof. Dr. Ines Weizman (Architekturtheoretikerin, London, Preisträgerin 2015), Prof. Dr. Mirjam Zadoff (Direktorin NS-Dokumentationszentrum München).
Koordination: Henning Heine (Rosa-Luxemburg-Stiftung).
Berlin, 1. November 2024
1 Vgl. Sukrow, Oliver: Differenzierte Auseinandersetzung. Die Geschichte des Hans und Lea Grundig-Preises und seine Entwicklung seit 2011, in: Rosa-Luxemburg-Stiftung (Hg.): Kunst als Widerspruch, Berlin 2021, S.19ff. Die Publikation findet sich zum Download ebenso wie weitere ausführliche Informationen zum Preis und seiner Geschichte auf der Internetseite www.hans-und-lea-grundig.de.